Mittwoch, 23. November 2011

Phnom Penh

Ohh, wir sind wenige Tage hinterher mit dem Blog.. aber wir geben unser Bestes :)

Letzter Stand war ja, dass wir uns Abends in Siem Reap nochmal schon der Barszene gewidmet hatten. Dementsprechend fit waren wir auch als es den nächsten Tag um 9:45 (pickup am hotel 8:40) mit dem Bus gen Phnom Penh gehen sollte.

Gottseidank waren die Franzosen früher in ganz SO Asien am Kolonialisieren und haben zu mindest das Baguette in den meisten Ländern als Andenken hinterlassen. Ist zwar in Kambodscha nicht dass was man sich unter normalem Brot vorstell, aber der Alkohol-geschundene Magen mag das immer noch lieber als Chili-sonstwas mit Reis :)

Beim Bus hatten wir uns für die bessere Variante ($12 = 8€) entschieden und haben daher sogar eine kleine Flasche Wasser und einen Snack (zur Freude von Isa Croissants) bekommen. Der Bus an sich war auch recht angenehm, bis auf die Sitze die mir nur bis zum Nacken reichten. Komisch eigentlich, da für meine langen grazilen Beine eigentlich genug Platz war.


Proviant für die nächten 6h - Baguette, Wasser und Ananas

Tag 1 - Die Ankunft

6h und eine Übelkeitstablette (für mich) später kamen wir dann auch schon in Phnom Penh an (~16:00Uhr). Da der Busstop wohl letztens von der Stadtmitte nach irgendwo außerhalb verlegt worden war mussten wir uns noch für $2 ein Tuk Tuk zum Hostel nehmen. (Das hatten wir schon im Vorraus gebucht) Das Hostel (Mad Monkey Phnom Penh) war sehr auf hipp gemacht und hatte neben einem sehr teuren Restaurant auch eine Bar. "Leider" war diese Bar wegen Klagen von den Nachbarn geschlossen, was uns sehr zu Gute kam. Denn unser recht sauberes, aber kleines Zimmer war nicht nur ganz oben im Hostel, sonder auch direkt über der Bar. Alles in allem war der erste Eindruck des Hostels sehr gemischt: Irgendwie habe(n) ich (wir) immer das Gefühl, dass wenn Guesthouses im Ausland von Westlern (hier ein Engländer) geführt werden, dass man dann nicht den gleichen Service bekommt wie wenn man in ein "lokales" Guesthouse geht. Ich nenn das immer "Too cool to give a shit." - Zu sehr versucht hip zu sein, dass die Basics einfach nicht passen: Zimmer klein, nichts um nasse Handtücher aufzuhängen, kein Spiegel, keine Remote für die Klimaanlage, ... so halt. (Nur als Tip für alle anderes, die solche Reisen machen wollen. :D)

Am Abend machten wir uns dann auf die Stadt etwas zu erkunden und Nahrung zu finden. Abgesehen vom Hostel waren wir von Phnom Penh an sich erstmal recht angetan. Auf dem Weg zum Night Market und dem von Isa ausgesuchten Restaurant gab es ein zwei Parks, den Königspalast und alles schien auch sehr sauber. Da wir den ganzen Tag nicht wirklich viel gegessen hatten haben wir uns erstmal ein paar Dampfknödel mit so einer Art Frühlingsrollenfüllung gegönnt - sehr lecker und für $0,5 sehr günstig. Immernoch hungrig und auch sehr müde kamen wir nach gefühlten 45min Fußmarsch (meist ohne Bürgersteig) am Night Market an - der war der Witz schlechthin. Ein paar komische Buden mit Handyhüllen und anderem Kitsch und einer Bühne auf denen 2 sich zwei Kambodschaner undefinierbares zuschrien.

Zu alledem war dann auch noch das Restaurant, das Isa ausgesucht hatte seit Anfang des Jahres geschlossen. Wie so oft kann man sich auf den Lonely Planet hier in Südost Asien kaum mehr verlassen. Weder die Preise noch die Lokalitäten sind aktuell.

Genervt hoch 10 haben wir dann ein halbwegs vernünftiges Restaurant gesucht. Da die Region um den Night Market (am Fluß) sehr touristisch ist gab es weder gute Preise noch gutes Essen. Unsere Idee eher in die kleineren Straßen hinter der Flußpromenade zu gehen endete einfach nur darin, dass wir uns inmitten diverser Etablissements, gefüllt mit leicht bekleideten (sehr jungen) Damen und alten, meist sehr beleibten Westlern, wieder fanden. Total angewidert und hungrig und kaputt und genervt sind wir dann einfach doch an die Promenade gegangen und haben jeder ein bescheidenes "Gemüse mit Reis" für je $3 gegessen. Zum Vergleich, wir hatten in Siem Reap ein BBQ mit all-you-can-eat für $3,50 pp. Danach haben wir und nurnoch vom erstbesten Tuk Tuk ins Hostel fahren lassen und sind schlafen gegangen.

Tag 2 - Touren

Mit dem großen Ziel die Touristengegend um den Fluss zu meiden, hatten wir uns entschlossen den nächsten Tag die zwei größeren Sehenswürdigkeiten der Stadt anzuschauen. Beide haben mit dem Genozid an der Kambodschanischen Bevölkerung durch die Khmer Rouge (Die roten Khmer) unter deren Führer Pol Pot zu tun. Pol Pot hatte in drei Jahren (1975 bis 1979) versucht ganz Kambodscha in einen Bauernstaat zu verwandeln und dabei alle Städter, Gebildete, Mönche, usw. umgebracht. In den 3 Jahren sind 3Mio Menschen umgekommen, 30% der Bevölkerung des Landes.

Den Trip haben wir komplett per Tuk Tuk für $12 gemacht. Durch den ganzen Staub und die Abgase hat uns unser Fahrer noch so typisch asiatische Gesichtsmasken gekauft.


Schutz vor Staub und Smog in Asien

Der erste Trip ging zu den Killing Fields 30min außerhalb der Stadt. Hier wurden damals Menschen hingerichten, als Feinde des Regimes angesehen wurden. Alles in allem wurden hier ~9000 Menschen hingerichtet. (Es gibt etliche dieser Killing Fields in ganz Kambodscha) Die erschreckendsten Fakten (nicht für empfindliche Leute geeignet):

  • Für die Exekution durften keine Schusswaffen verwendet werden, da Kugeln zu teuer waren. Stattdessen mussten alle Gefangenen mit Äxten, Knüppeln, usw. erschlagen werden.
  • Noch immer kann man überall auf dem Gelände Kleiderreste und Knochen auf dem Boden liegen sehen. Die werden durch den Regen von den darunter liegenden Massengräbern ausgespült.
  • (Achtung, sehr erschreckend!!) Es wurden auf dem Killing Field auch Mütter und deren Babies getötet. Babies wurden an den Füßen gepackt und mit dem Kopf gegen einen Baum geschmettert und dann in eine Grube geworfen. (Ich hab euch gewarnt!) Der Killing Tree steht heute noch wie damals an dem selben Ort.
Das Zentrum des Killing Field ist heute eine große Pagode in der 5000 Schädel (und Knochen) der Opfer in 7 Etagen aufgestapelt sind.


Pagode zur Erinnerung an den Genozid


Die Schädel in der Pagode

Der zweite Teil der Tour ging in das ehemalige Gefängnis für politische Feinde in der Stadtmitte. Das Gefängnis war eine ehemalige Schule und wurde provisorisch umfunktioniert. Hier wurden die Gefangenen gefoltert bis sie Geständnisse abgegeben haben, in welchen stand, dass sie KGB oder CIA Spione sind. Danach wurden sie (und ihre Familien) hingerichtet.


Gefängnis Gebäude von außen

Für das Gefängnis hatten wir einen Tourguide für $6 engagiert, welcher uns in sehr gewöhnungsbedürftigem Englisch viele Zusätzliche Informationen zu den Infotafeln erzählte. (Wie oben nicht für empfindliche Leute!!):

  • Die Gefangenen in den Zellen bekamen pro Tag 2 Löffel Reis und eben so viel Wasser. Zum waschen wurde 1 bis 2 mal pro Woche ein Schwapp Wasser auf den Boden gekippt in den sie sich dann welsen mussten.
  • Die Menschen in den Zellen hatte nur eine Box und einen Kanister um ihre Notdurft zu verrichten. Falls sie selbige auf Grund von Schwäche umgestoßen haben mussten sie alles mit der Zunge sauber machen, ansonsten wurden sie exekutiert.
  • Zur Folter wurden den Frauen die Brustwarzen abgerissen und dann Skorpione darauf gesetzt um sie zu stechen.
Zelle für wichtige Gefangene mit "Box"

Der Punkt, bei dem Isa und ich am meisten schlucken mussten war als ein einem kleinen Stand einer der einzigen 7 Überlebenden des Gefängnisses (von ~20.000) saß und seine Lebensgeschichte verkauft hat. An dem Punkt wurde das Ganze noch viel realer als es so schon dargestellt war. Im Gegensatz zu anderen solchen Stätten haben die Kambodschaner alles in dem Gefängnis auch so gelassen wie es damals war. So kann man immer noch die Blutspritzer und -flecken von damals an Wänden und auf dem Boden sehen.


Mini Zellen im S21

Zelle mit Blut auf dem Boden

Wir beide fanden, dass durch diese direkte ungeschönte Art diese Gräueltaten richtig real erscheinen und nicht wie oftmals in Museen nur wie Sachen von damals, die eh nie wieder so passieren. Auch die Nähe zur Gegenwart war für uns beide sehr schockierend.

Nach diesem sehr schweren Tag wollten wir dann auch nicht mehr viel machen. Nach dem Essen hat Isa noch den letzten Blogpost geschrieben und dann gings in die Heia - den nächsten Tag sollte dann auch schon unser Bus nach Vietnam fahren.


5 Kommentare:

  1. Wow, das is krass. Das war sicher echt bedrückend. Würdet ihr sowas nochmal machen wollen, wenn wüsstet was auf euch zu kommt? Andererseits weiß man bei sowas wenigstens, dass an der Geschichte nichts versteckt und verdreht wurde. Aber was red ich da, ich kann es mir wahrscheinlich nicht mal annähernd vorstellen wie das war. Deswegen halt jetzt meinen Mund und gratulier euch zu den guten Blogeinträgen, die ihr in der letzten Zeit rein gestellt habt. Danke.

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  2. Ja ich würde es auf jeden Fall nochmal machen. Ich finde der Schrecken solcher Sachen wird einem erst richtig bewusst, wenn man direkt damit konfrontiert wird. Filme, Bücher und Museen mit Glasvitrinen lassen einen das alles schnell als fiktiv empfinden. (bzw. nur sehr distanziert, von wegen "geht mich doch nichts an") Aber wenn man mal selber neben einem der einzigen Überlebenden von so etwas steht ist das schon ziemlich real.

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  3. Respekt, ich hatte zwar über diesen Abschnitt der Geschichte in Kambodscha (früher hießen die in dieser Zeit ja Kampuchea) zwar schon einiges gelesen, aber die Einzelheiten von Euch hauen einen schon um! Es ist doch immer das Gleiche: Entweder zu weit rechts oder links, sobald es extrem abweicht von der Mitte und in die Diktatur abdriftet, geht´s voll in die Hose!
    Auch von meiner Seite nochmal große Anerkennung: genialer Blog und weiter so!

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  4. Oh, das ist ja entsetzlich, was da los war.Da habt ihr life ganz schön was erlebt, alle Achtung. Das regt zum Nachdenken an!!!
    Super, dass ihr so ausführlich schreibt!
    Liebe Grüße aus der Heimat:-)

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  5. Diesmal kommen wir ja fast gar nicht hinterher mit kommentieren, so fleißig schreibt ihr! Mit dem Blog könnt ihr fast einen neuen lonely Planet auflegen, so toll ist der geschrieben. Zu den ganzen Grausamkeiten, weiß ich gar nicht, was ich schreiben soll. Ich hatte schon vom lesen Gänsehaut und hab die posts bestimmt 5 mal gelesen, weil man das gar nicht fassen kann. Ganz schön schwere Kost! Ich wünsche euch weiter viele tolle Erlebnisse und passt gut auf euch auf! Kuss Mom!

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